Vorwort
Schon immer war der Weg des erlernens der Kampfkunst eng mit dem Weg der Selbstfindung und Selbsterfahrung verbunden. Auch die ethischen Normen, die aus der Philosophie des Zen-Budismus abgeleitet sind, spiegeln sich im Karate als Kampfkunst wieder. Es gibt wichtige Gründe die ethischen Normen einzuhalten. „Karate-Do“ bedeutet übersetzt soviel wie „der Weg der leeren Hand“. Wörtlich übersetzt würde das heißen, dass der „Karateka“ (=Karatekämpfer) waffenlos ist. Dennoch bedeutet Karate auf einem bestimmten Niveau, dass die Kampftechnik eine Waffe darstellt. Wer also eine Waffe besitzt muss gründlich nachdenken, wann und wie er sie einsetzen darf. Das „leer“ (Kara) ist also auch ein nicht zu unterschätzender ethischer Anspruch. Das Innere eines Karateka soll frei von negativen Gedanken und Gefühlen sein, um stets angemessen handeln zu können. Das ist in Selbstverteidigungssituationen aber auch in Training und Wettkampf wichtig. Wenn die Gesundheit oder sogar das Leben des Karatekas oder auch anderer Menschen bedroht ist, kann und muss im Maß der Notwehr eingegriffen werden. Im Training und Wettkampf ist das ausschlaggebende Ziel nicht der Sieg oder die Niederlage, sondern eher die Ausbildung und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit durch Selbstbeherrschung und Konzentration. An oberster Stelle steht dabei die Achtung des Gegners und Partners.
Geschichte
Die Ursprünge der ostasiatischen Kampfkünste gehen auf das 6. Jahrhundert unserer Zeit zurück. Im Shaolin-Kloster entstanden 173 Übungen, die den Ursprung für die gesamte Entwicklung des Kung-Fu bildeten. Die Schulen der chinesischen Kampfkunst des Kung-Fu (Weg der Faust) teilt man allgemein in eine „äußere“ Schule und eine „innere“ Schule. Die äußere Schule ist geprägt von der Entwicklung der Kraft und Schnelligkeit, genauso wie der Ausbildung von Reaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit. Die innere Schule legt dagegen Wert auf die psychische Vorbereitung, Atemtechnik, entspannte Zirkulationsbewegungen, Kultivierung des sogenannten Qi und vermutlich auch auf bestimmte Formen der Meditation, verbunden mit Bewegungen. Die äußere Schule entstand früher als die innere Schule.
Okinawa gilt als Wiege vom Karate. Diese Insel ist die größte Insel der Ryu-Kyu-Inselgruppe und war jahrhundertelang chinesischem Einfluss ausgesetzt. Die ersten Kontakte reichen bis in die Sui-Dynastie (6. Jh.) zurück. So kam es, dass bereits im 7. Jahrhundert das Kung-Fu heimisch geworden ist. Im Jahre 1609 kam es durch eine japanische Okkupation zum Abbruch der Beziehungen zwischen China und Okinawa, die über Jahrhunderte gegenseitigen ökonomischen und kulturellen Austausch gebracht hatten. Damit endete auch die Unabhängigkeit Okinawas. Der herrschende Statthalter erließ sofort eine Vielzahl von Verboten und Erlassen. Es war weder gestattet Waffen zu besitzen, noch Waffen zu tragen. Das regte direkt die Entstehung des modernen Karate an. Es kam zu einer Anzahl von heimlichen Zusammenkünften von verschiedenen Kung-Fu und Tode (frühe Okinawa Kampfkunst) Gesellschaften, diese vereinigten sich 1629 zu einer geheimen Front gegen die Okkupanten. Im Endresultat entstand eine neue tödliche Kampfkunst, die eine Kombination aller bestehenden Ausprägungen war. Man bezeichnet sie als Te (Hände), später dann als Okinawa-Te. Hier finden, da das tragen von Waffen verboten war, auch Gebrauchsgegenstände aus der Landwirtschaft Verwendung z.B. ein kleiner Reisdreschflegel (Nunchaku), der Griff eines kleinen Mühlsteins (Tonfa oder Tuifa), ein Dreizack (Sai) sowie auch ein einfacher Stock (Bo). Über die weitere Entwicklung gibt es keine schriftlichen Aufzeichnungen. Berichtet wird, dass es drei Zentren der Entwicklung des Te gab, jeweils in den Städten Shuri, Naha und Tomari. Wobei sich Shuri an der äußeren Schule (Shuri-Te) und Naha sich eher an der inneren Schule (Naha-Te) des Kung-Fu orientierte. In Tomari kombinierte man beide Schulen (Tomari-Te). Die Te-Meister gingen teilweise über Jahre heimlich nach China um dort das Kung-Fu bei berühmten Meistern zu studieren. Das Te erlangte bei vielen Auseinandersetzungen mit den japanischen Machthabern einen gefährlichen Ruf, die Meister des Te waren sehr gefürchtet. Als Okinawa 1875 offiziell ein Teil Japans wurde endete die Illegalität des Te (oder Karate, wie es auch schon genannte wurde). Danach begann ein starker Konkurrenzkampf zwischen den Schulen und die Entwicklung von verschiedenen Stilrichtungen im Karate.
Der Begründer des Goju-Ryu Karate-Stils ist Chojun Miyagi (1888-1953). Er war Schüler von Kanryo Higashionna (1853 – 1917) und lebte auf Okinawa. Dach dem Tod seines Meisters reiste er nach Fukien in China. Dies geschah auf Anregung von Kanryo Higashionna, auch er hatte eine Zeit lang in China gelebt. In China trainierte er die chinesischen Schulen, vor allem die Baguaquan-Form. Durch die Verknüpfung dieser rotierenden „sanften“ Elemente des inneren Kung-Fu und die Erfahrungen des von Miyagi zuerst trainierten Systems (Naha-Te) aus der Schule Higashionna, entstand mit der Zeit Miyagis Goju-Ryu (dt. Hart-Weich-Stil). Nach seiner Rückkehr nach Naha eröffnete Miyagi sein eigenes Dojo. Miyagis Ambitionen lagen in der Verbreitung des Karate. So führte er Karate in Schulen und anderen sozialen Einrichtungen ein. Er entwickelte die Kata Sanchin, als harten Aspekt des Goju-Ryu, und die Kata Tensho als weichen.
Der Ursprung des Yuishinkan Goju-Ryu liegt in Osaka. 1954 wurde das Yuishinkan Dojo in Osaka, das 2004 sein 50jähriges Bestehen feierte von Sensei Tomuharu Kisaki (9. Dan) gegründet. Yuishinkan ist eine Spezifizierung des Goju-Ryu, Sensei Tomuharu Kisaki (1920-1996) war der letzte Meisterschüler von Sensei Miyagi und seinem Nachfolger G. Yamagucci. Die realistische Selbstverteidigung war für Sensei Kisaki richtungsweisend bei der Schöpfung dieser Stilrichtung, daher auch der Dojuname Yuishinkan. Mit dieser Zielsetzung wurde das Tegumi entwickelt, dabei handelt es sich um einen Freikampf bei dem auch die Anwendung von Techniken des Bodenkampfs und Wurftechniken zulässig sind. Im Yuishinkan sind ebenfalls Infight-Techniken, wie kurze Arm- und Beintechniken erlaubt.
Im Judo hatte Sensei Tomuharu Kisaki den 3. Dan inne. Mit den Erfahrungen aus dem Judo war es möglich Techniken des Bodenkampfs in das Training zu integrieren. In den Prüfungen zu den höheren Kyu- und Dan-Graden sind diese Kampftechniken aufgenommen. In den Prüfungen werden 24 festgelegte Angriff- / Abwehrkombinationen mit abschließenden Wurf (Nage-Waza) verlangt. Mit steigenden Kyu- bzw. Dan-Graden werden die Techniken immer anspruchsvoller. In Deutschland wurde dieses Prüfungssystem auf Initiative von Fritz Nöpel in die allgemeingültige Prüfungsordnung des Gojo-Ryu aufgenommen.
Fritz Nöpel (1939-2020) brachte Yuishinkan Goju-Ryu 1967 von Osaka mit nach Deutschland. Er brach 1954 mit dem Fahrrad auf, nach Australien zu den Olympischen Spielen. Dieses Ziel erreichte er jedoch nicht. Stattdessen machte er auf seinem Weg durch China, Hong-Kong und Taiwan Erfahrung mit verschiedenen Kampfkünsten. In Osaka lernte er Sensei Tomuharu Kisaki kennen und wurde in dessen Dojo aufgenommen. Das ein Nichtjapaner amTraining teilnehmen durfte war keine Selbstverständlichkeit, sondern zu der damaligen Zeit die absolute Ausnahme. Fritz Nöpel trainierte bis zum 4. Dan in Japan und kehrte dann 1967 nach Deutschland zurück.
Er gründete in Dortmund, im dortigen Polizeisportverein, die erste Gojo-Ryu Gruppe Deutschlands. Im Jahre 1982 erfolgte dann die Gründung des Karate-Club-Kamen und stand ihm vor. Bei der Bildung des Europäischen Goju-Ryu Karate-Do Verband (EGKF) hatte er ebenfalls maßgeblichen Einfluss und war auch hier Vorsitzender.